Zur Andacht und zur Mahnung an das schreckliche Leid von Krieg und Verfolgung beteiligten sich auch dieses Jahr wieder zahlreiche Bürgerinnen und Bürger sowie Abordnungen unserer Vereine und Verbände zum Gedenken anlässlich des Volkstrauertages. Kaplan Peter Bosanyi hielt den vorhergehenden Gottesdienst sowie die anschließende Gedenkfeier am Kriegerdenkmal wieder in ein einem sich gebotenen ehrenvollen Rahmen. Dafür ein herzliches „Vergelt`s Gott“. Im Namen der Gemeinde vielen herzlichen Dank für die zahlreiche Beteiligung der Vereine, Verbände und Bürgerschaft zu diesem wichtigen Gedenken.

Robert Bauer, Bgm.

 

Ansprache des Bürgermeisters zum Volkstrauertag 2024

Sehr verehrter Herr Kaplan Peter Bosanyi,
liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
verehrte Vereinsabordnungen,
werte Besucher der Gedenkfeier anlässlich des Volkstrauertages 2024,

die Welt dreht sich weiter, auch wenn sie vielfach scheint stehen zu bleiben.

Die Ereignisse überschlagen sich. Nach dem Feststehen der Ära Trump 2.0 gleich unmittelbar das politische Beben und Gerangel in Deutschland. In einer Form von Niveaulosigkeit – von allen Seiten – dass es in der Geschichte ohne Vergleich ist.

Staatsleute aller Couleur verlieren den Blick auf die Sache – aus Beweggründen die vielfach von Populismus und Eigennutz getrieben sind, ohne überparteilich an Herangehensweisen zu arbeiten, die der Demokratie zuträglich sind und nicht die gefährlichen Ränder wieder weiter stärken…

In Amerika ein Verbrecher als – wieder – zukünftiger Präsident, der nichts scheut und um jeden Preis seine Macht ausspielt und ausspielen wird, gerade dann wenn er dabei seinen ganz eigenen Vorteil herausholt – unabhängig davon wie sein Volk und der Rest der Welt dadurch immer mehr in einen Strudel von globaler Fragilität zu zerfallen scheint.

Krisenherde, die Gefahrenpotential für weltweite Eskalation in sich bergen – sie werden zu Spielplätzen von Autokraten die sich untereinander und mit Oligarchen die besten Geschäfte zuschieben. Mit Frieden, Menschenleben, Sicherheit und Freiheit wird Kuhhandel betrieben.

So zeichnet sich die Prognose ab, welche sich als Resultat davon erahnen lässt.

Um ehrlich zu sein: Es macht mir Angst…

Darüber hinaus: Krieg in Europa, kenternde Flüchtlingsboote, ein überhitzter Planet – Hiobsbotschaften wie diese dominieren die Nachrichten und lassen uns überfordert zurück. Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine, der erneut eskalierte Nahost-Konflikt, welcher sich zu einer humanitären Krise entwickelt hat, Auseinandersetzungen im Sudan, Bürgerkrieg in Syrien, – nur ein paar Beispiele für die aktuellen gewalttätigen Konflikte auf der Welt.

Jeden Tag erreichen uns neue Nachrichten aus Krisengebieten, jeden Tag Tausende weitere Tote, jeden Tag weiteres Leid und jeden Tag das Gefühl, dass sich die Gewaltspirale immer nur in eine Richtung dreht: aufwärts.

Das Problem ist aber nicht nur die bloße Zahl an Krisen und Konflikten, sondern auch deren Gleichzeitigkeit. Wir befinden uns in einer sogenannten Polykrise, also mehreren großen Krisen zur gleichen Zeit, welche sich gegenseitig bedingen.

Hinzukommt der jüngste Trend zur Internationalisierung von Konflikten, also, dass sich vermehrt Länder in die Konflikte anderer Länder einmischen. Das führt dazu, dass Konflikte länger und blutiger werden und auch schwieriger beizulegen sind.

Es stellt sich die große Frage, was dieser Entwicklung entgegenstehen kann? Angesichts der anhaltenden Kampfhandlungen wirkt ein globaler Frieden aktuell in sehr sehr weiter Ferne.

Jahrtausende lang herrscht bereits auf dieser Welt an verschiedenen Stellen Krieg, Terror und Leid. Gekämpft wird um Land, Ressourcen, Religion oder Macht. Mir stellt sich dabei unweigerlich immer wieder die Frage: Ist ein weltweiter Frieden eine Vision, gar eine, ja, Fiktion?

Wir Deutschen leben heute in einem freiheitlich-demokratischen Land. Ein Privileg auf der einen Seite; Glück auch auf der anderen Seite. Vor allem aber, der Verdienst all jener, die tagtäglich daran und dafür arbeiten, das Friede gewahrt bleibt. Eine große Aufgabe die uns als Volk täglich fordert und braucht, wollen wir diesen Zustand sicherstellen. Denn Frieden ist mehr als die Abwesenheit von Gewalt. „Die Durchsetzung von Rechtstaatlichkeit ist eine elementare Voraussetzung für ein friedliches Miteinander“, so Wolfgang Schneiderhan. Diese freiheitliche Demokratie, die auch in den Ländern um uns herum herrscht, hat uns den Frieden – jedenfalls auf dem eigenen Grund und Boden – seit vielen Jahrzehnten garantiert. 

Selbstverständlich ist das allerdings nie gewesen und das ist es auch heute nicht. Einige, leider mittlerweile schon einige Viele, wissen das nicht mehr zu schätzen. Aber genau dafür, für Frieden, Freiheit und Demokratie, haben zahlreiche Menschen in vielen Jahrhunderten gekämpft und ihr Leben gelassen. Für uns und die nachfolgenden Generationen. Wenn es den Menschen gut geht, vergessen sie so etwas schnell. Das Vertrauen in Staat, Kirche und Institutionen schwindet. Weil es den Menschen gut geht, vielleicht zu gut.

In unserer Gesellschaft hat alles seinen Preis, aber scheinbar nichts mehr einen Wert. Es ist so wichtig, sich einmal ein bisschen darauf zu konzentrieren, in welchem Land wir leben dürfen. Im Grunde haben wir alles und wir können uns auch heute noch vieles leisten, eigentlich alles… Ja, alles was wirklich wichtig ist. Alles ist für jeden im Grundsatz möglich. Aber, wir sind es so gewohnt. Und bricht ein Bruchteil davon weg, reagieren wir vielfach mit Unverständnis, Wut und – und das ist das schlimmste – Gleichgültigkeit. 

Vielfach ist es so, dass Dinge erst wieder im Bewusstsein landen, wenn man sie verloren hat. Erst dann, wenn es uns nicht mehr umgibt, merken wir, wofür es sinnvoll gewesen wäre einzustehen. Nur, ist es dann zu spät. Ich wünsche mir für uns alle, dass es uns gelingt diese Gewohnheit kollektiv zu durchbrechen. Und auch wenn es mit Unannehmlichkeit oder auch Unverständnis einhergeht, wenn man gewisse Dinge versucht zu hinterfragen, so solle es dennoch unser aller vorderstes Bestreben sein für das einzustehen was Friede schafft und wodurch uns Frieden erhalten bleibt. Es ist nicht nur unsere Pflicht, wir sind es all denen schuldig die hierfür bereits ihr Leben lassen mussten. Dies gilt umso mehr, als die letzten noch lebenden Zeitzeugen immer älter werden. Noch sind sie Brücken zwischen Vergangenheit und Gegenwart, aber es liegt an uns, ihre Erinnerungen zu bewahren und weiterzugeben. Umso das Bewusstsein zu schärfen, für ein stets demokratisches Handeln zum Wohle von Freiheit und Frieden, um jeden Preis.

Am heutigen Volkstrauertag gedenken wir aller Menschen, die bei Kriegen, Konflikten und Terror auf dieser Welt, ganz egal ob in der Vergangenheit oder aktuell, ums Leben gekommen sind.

Wir gedenken aller Soldaten, die für unser Land gefallen sind: zum Schutz des Staates, des Volkes und unserer freiheitlich-demokratischen Wertvorstellungen. Wir treffen uns alljährlich zur Gedenkfeier und Mahnwache am Volkstrauertag mit der unermesslichen Hoffnung, dass wir eines Tages auf die Welt blicken können, um festzustellen, dass es nun keinen Grund mehr für Besorgnis gibt und die Toten mit der einzigen Lehre aus dem Krieg geehrt werden, dass der Krieg sinnlos ist.

Dann gilt das, was der deutsche Philosoph Immanuel Kant einst schrieb:

„Der Friede ist das Meisterstück der Vernunft“.

Dankeschön!